Aus-und Fortbildungszentrum

Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme

Windkraft und Photovoltaik sind die bekanntesten Formen erneuerbarer Energien, sind doch die wuchtigen Windkrafträder sowie Sonnenkollektoren allenthalben zu sehen. Weniger bekannt ist, dass auch die Geothermie - also Erdwärme - zu den erneuerbaren Energien gehört. Obwohl viele Privathäuser mittlerweile durch Erdwärme beheizt bzw. mit Strom versorgt werden, ist doch die Gewinnung von direkt nutzbarer Erdwärme mit Problemen technischer und wirtschaftlicher Natur behaftet - zumindest in Deutschland. Während vulkanisch hoch aktive Gebiete wie beispielsweise Island nahezu 90 Prozent ihrer benötigten Energie aus der Geothermie - im Falle von Island direkt aus den sogenannten heißen Quellen - gewinnen, können Niederenthalpie-Gebiete wie beispielsweise fast die gesamte Bundesrepublik Deutschland, von einigen wenigen vulkanischen Gebieten abgesehen, Erdwärme nur aus sehr tiefen Bohrungen entnehmen. Grundsätzlich gesehen ist die Geothermie eine sehr vielversprechende Form der Energieversorgung, ist sie doch nachhaltig, erneuert sich ständig und kann rein rechnerisch den gesamten Bedarf an Energie in Deutschland sicher decken. Um diese Energie auch in Deutschland und anderen Niederenthalpie-Ländern wirtschaftlich und technisch sinnvoll nutzbar machen zu können, wurde nun am 15. November 2013 in Bochum das neue Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme eröffnet.

Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme feierlich eröffnet

Prof. Roland Horne, Präsident der International Geothermal Association (IGA), sowie Prof. Rolf Bracke, Direktor des Internationalen International Geothermal Associationzentrums (GZB) gaben die offizielle Gründung des Aus- und Fortbildungszentrums für Erdwärme (IGA Academy) feierlich bekannt. Über 100 namhafte Gäste aus dem In- und Ausland waren bei den Gründungsfeierlichkeiten des Aus- und Fortbildungszentrums für Erdwärme zugegen. Die Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zeigten mit ihrer Teilnahme, wie wichtig die Erforschung der Erdwärme sowie deren Förderungs- und Nutzungsmöglichkeiten nicht nur für den Standort Deutschland, sondern auch weltweit ist. Das Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme in Bochum soll Trainingskurse für Wissenschaftler und Geothermie-Experten aus aller Welt anbieten, aber auch für eine Vernetzung von relevanten Forschungsinstituten und Partneruniversitäten sorgen. Um Erdwärme tatsächlich nutzen zu können, bedarf es eines umfassenden Know-Hows, das das Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme vermittelt will. Aus diesem Grund wurde mit der Gründung der IGA Academy ein wichtiger Grundstein für die Förderung von Erdwärme gelegt. Das neue Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme befindet sich unter dem Dach des Internationalen Geothermiezentrums (GZB) der Universität Bochum. Bereits seit 2011 befindet sich an gleicher Stelle die Geschäftsstelle der IGA.

Vielfältiges Aus- und Weiterbildungsangebot

Als Teil eines weltweit umfassenden Netzwerks kann das Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme in Bochum unterschiedliche Kurse anbieten, die natürlich auch zertifiziert sind. Die Zertifizierung erfolgt dabei einerseits über die IGA, andererseits auch über akkreditierte Partnerinstitute. Die angebotenen Kurse weisen dabei fachlich unterschiedliche Lerntiefen wie auch Themenschwerpunkte auf. Einige der Kurse sind beispielsweise:

  • Geowissenschaften und geothermische Exploration
  • Bohrtechnologie
  • Erdwärme-betriebene bzw. -unterstützte Fernwärmesysteme
  • Erdwärmepumpentechnologie
  • Kraftwerkstechnik (Nieder-, Mittel- und Hochenthalpie)
  • Reservoir Engineering, Monitoring & Reservoir Modeling
  • Hydrochemie bzw. Geochemie
  • Numerische Modellierung
  • Projektmanagement, deren Finanzierung und regulatorische Rahmenwerke

Die Entstehung von wissenschaftlichen wie wirtschaftlichen Netzwerken sowie die fundierte Aus- und Weiterbildung für im Bereich der Geothermie Tätige wird dafür sorgen, dass bislang nur lokal vorhandenes Expertenwissen, Geräte bzw. Infrastruktur umfassend genutzt werden können, so dass die Geothermie auch wirtschaftlich die Bedeutung erhält, die ihr schon längst zustehen könnte.

Wirtschaftliche Bedeutung der Geothermie in Deutschland

Die Gründung des neuen Aus- und Fortbildungszentrums für Erdwärme in Bochum ist im Prinzip die logische Folgerung aus der aktuellen Energiepolitik der letzten Jahre, vor allem im Rückblick auf die Ereignisse im japanischen Fukushima. Auch die Bestimmungen des EEG haben dazu geführt, dass die Planung, Entwicklung und Fertigstellung von Geothermie-Projekten auch wirtschaftlich einen Sinn ergeben. Grundsätzlich hat die Geothermie nicht nur in vulkanisch aktiven Gebieten, sondern auch in Deutschland ein sehr hohes Potenzial, wäre doch die Erdwärme in der Lage die grundlegende Energieversorgung in Deutschland zu übernehmen. Dagegen sprechen derzeit noch einige Punkte, die mit Hilfe der Arbeit des neuen Aus- und Fortbildungszentrums für Erdwärme zukünftig gelöst werden sollen. Momentan noch problematisch bei der Gewinnung von Erdwärme sind u.a.:

  • fehlende Erfahrung und fehlendes Expertenwissen in Deutschland
  • lange Planungszeiten für Geothermieprojekte
  • mangelnde Bohrkapazitäten sowie fehlendes Bohrpersonal, da beides durch die Erdgas- und Erdölindustrie gebunden ist
  • in Deutschland müssen Bohrungen zur Gewinnung von Geothermie sehr tief gehen, was diese Form der Energie jedoch erheblich verteuert
  • die Geothermie birgt auch Risiken, wozu u.a. der Austritt von giftigem Schwefelwasserstoff in vulkanischen Gebieten sowie die Gefahr von irrtümlichen Bohrungen gehört

Schwefelwasserstoff ist nicht nur giftig, sondern auch höchst brennbar, weshalb ein Austreten derartiger Gasansammlungen während einer Bohrung verhindert werden sollte. Kraftwerke, die mit neuestem technischem Gerät arbeiten, können derartige Emissionen jedoch wirksam verhindern. Weniger effektiv verhindern lassen sich jedoch Irrtümer. Um Geothermie fördern zu können, muss heißes Wasser aus der Tiefe geholt werden. Trotz sorgfältigster Messungen kann es jedoch passieren, dass kein Wasser angefunden wird, wo es ursprünglich vermutet wurde. Dies ist u.a. der Grund, weshalb das Projekt eines neuen Geothermie-Kraftwerks in Speyer wieder ad acta gelegt wurde. Statt Wasser fanden die Beauftragten bei Bohrungen unvermutet Erdöl. All die geschilderten Problematiken lassen sich jedoch mit einem verbesserten und vernetzten Know-How beseitigen, so dass auch die Geothermie in Deutschland eine wirtschaftliche Zukunft hat. Dies wird die Aufgabe des neuen Aus- und Fortbildungszentrums für Erdwärme in Bochum sein.

Möglichkeiten der Geothermie in Deutschland

Das größte Problem der Nutzung von Geothermie in Deutschland besteht jedoch in den nicht vorhandenen Hochenthalpie-Lagerstätten, die lediglich in vulkanisch bzw. seismisch sehr aktiven Gebieten zu finden sind. Derartige Lagerstätten lassen sich recht leicht anzapfen, da dazu Bohrungen in nur geringen Tiefen notwendig sind. In Deutschland bleibt nur die Möglichkeit, die vorhandenen Niederenthalpie-Lagerstätten zu erschließen, d.h. sehr tiefe Bohrungen vorzunehmen. Bereits im Jahre 2012 erhielt das Internationale Geothermiezentrum in Bochum, unter dessen Dach sich auch das Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme befindet, die Zertifizierung dafür, mit der eigenen Bohranlage technisch einwandfrei Erdwärme zu gewinnen. Beste Voraussetzungen, damit das Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme auch auf diesem Gebiet Aus- und Fortbildungen durchführen kann. Die eigene Bohranlage hilft dabei zudem, Geld zu sparen, machen doch vor allem die Kosten für Bohrtätigkeiten einen großen Teil der hohen Investitionssummen für ein geplantes Geothermie-Kraftwerk aus. Zwar ist ein Erdwärme-Kraftwerk, das sich bereits in Betrieb befindet, recht kostengünstig, doch die Planung sowie die Suche nach einer geeigneten Lagerstätte schlagen mit sehr hohen Kosten zu Buche. Umso besser, wenn das Aus- und Fortbildungszentrum für Erdwärme Möglichkeiten findet, erheblich Kosten einzusparen, etwa durch Forschung hinsichtlich der Explorations- bzw. Bohrmethoden oder durch die Suche nach neuen Verfahren, um Irrtümer möglichst ausschließen zu können. Die extrem hohen Bohrkosten erklären sich dabei jedoch vor allem aus der Tatsache, dass durch die hohe Nachfrage aus der Erdöl- und Erdgas-Industrie die Preise für Bohranlagen und -personal beträchtlich gestiegen sind. Die durch das EEG ermöglichten staatlichen Förderinstrumente decken allerdings einen großen Teil der Risiken sowie der hohen Kosten eines Geothermie-Kraftwerks ab. Zudem regelt das EEG, dass eine bestimmte Mindestabnahme von Strom aus Erdwärme erfolgen muss, so dass auch die Einnahmen aus einem solchen Kraftwerk durch Gesetz gesichert sind. Tatsache ist, dass Deutschland sich energiepolitisch gerade im Umbruch befindet, weder Atom- noch Kohlekraftwerke finden in der Bevölkerung noch einen nennenswert großen Rückhalt. Demzufolge müssen alternative Energiequellen erschlossen werden, die einerseits nachhaltig sind, andererseits aber auch sicher und konstant Energie liefern können. Gerade der letzte Punkt ist weder bei der Wind- noch bei der Solarenergie gegeben. Die Nutzung der Geothermie ist die perfekte Lösung für die Deckung des Energiebedarfs, doch zunächst muss diese aus ihren Kinderschuhen herauswachsen, um tatsächlich wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden zu können. Genau darin besteht die grundlegendste Aufgabe des Aus- und Fortbildungszentrums für Erdwärme, es fungiert quasi als Entwicklungshelfer der Geothermie in Deutschland.

Vorteile der Geothermie

Die Nutzung von Erdwärme birgt sehr viele Vorteile. Auch wenn die Investitionskosten für ein Geothermie-Kraftwerk zunächst sehr hoch erscheinen (geschätzt mindestens 40 bis 50 Millionen Euro), ist der laufende Betrieb desselben äußerst kostengünstig. Erdwärme steht immer und kontinuierlich zur Verfügung, zudem kann das Kraftwerk über einen Zeitraum von etwa 40 bis 50 Jahren konstant genutzt werden. Zudem ist Erdwärme sehr ergiebig. So weisen aktuell arbeitende Kraftwerke etwa einen Wirkungsgrad zwischen 12 und 16 Prozent auf, was im Vergleich zu Kohlekraftwerken zwar noch nicht allzu viel ist, doch durch konstante Forschung auf dem Gebiet erheblich verbessert werden kann. Auch an diesem Punkt ist das Aus- und Fortbildungsinstitut für Erdwärme gefordert. Schließlich verbesserte sich auch der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken erst mit der Entwicklung neuer Techniken. Rechnerisch gesehen könnte die Erdwärme selbst in einem Niederenthalpiegebiete wie Deutschland die gesamte Grundversorgung an Energie übernehmen und so für eine sichere und konstante Lieferung von Strom sorgen. Damit lassen sich die unsicheren und von Witterungsverhältnissen abhängigen erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne hervorragend ergänzen. Erdwärme ist immer vorhanden und entsteht zudem immer wieder neu, schließlich entstammt sie dem extrem heißen Inneren der Erde.